Rechtsguide: Das Nutzungsverhältnis
Mit der Bereitstellung von Diensten der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK-Dienste) entsteht ein sogenanntes Nutzungsverhältnis. Hieraus folgen für Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine Vielzahl von (rechtlichen) Fragen, für die ein Regelungsbedürfnis besteht.
So sollten die Einrichtungen Regeln aufstellen, die eine möglichst störungsfreie, ungehinderte und sichere Nutzung der Kommunikations- und Datenverarbeitungsstruktur gewährleisten. Kommerzielle IuK-Anbieter regeln dies im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit dem Kunden üblicherweise durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Im Arbeitsverhältnis können Regelungen durch Dienstvereinbarungen getroffen werden. Insbesondere bei Hochschulen gestaltet sich dies meist schwieriger, da sie die IuK-Dienste regelmäßig zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Körperschaft des Öffentlichen Rechts erbringen und in diesem Rahmen nicht ohne weiteres Verträge schließen können. Das Nutzungsverhältnis ist meist öffentlich-rechtlich zu charakterisieren. In der Konsequenz sind die rechtlichen Fragen nicht vertraglich zu regeln, sondern durch eine Benutzungsordnung.
Benutzungsordnung zur Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses
Die Benutzungsordnung dienen der inhaltlichen Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen der Einrichtung und der nutzenden Person, die die Dienste des Rechenzentrums in Anspruch nimmt. Hier sollte geregelt sein, welche grundlegenden Rechte und Pflichten dem Rechenzentrum und den zugelassenen Nutzenden zukommen und unter welchen Voraussetzungen Nutzer zugelassen oder von der Nutzung ausgeschlossen werden können. Sie sollte also die Ermächtigungsgrundlagen für hoheitliche Sanktionen enthalten. Weiter sollte geregelt sein, welche Zuständigkeiten innerhalb der Einrichtung hinsichtlich des Betriebs der IuK-Dienste bestehen.
Benutzungsordnungen, Netzordnungen oder Nutzungsrichtlinien et cetera können entweder als Satzungen oder als Ordnungen im Sinne der Hochschulgesetze durch den Senat/Rektor der Hochschule erlassen werden. Alternativ kann der Leiter des Rechenzentrums sie als sogenannte Allgemeinverfügungen erlassen. Entsprechend kann sich dann um eine Rechtsnorm oder eine Verwaltungsnorm handeln.
1. Als Rechtsnorm
Als Satzung beziehungsweise förmliche Ordnungen erlassene Benutzungsordnungen sind verbindliche Rechtsvorschriften. Die Einrichtung hat als verwaltungsrechtliche Personalkörperschaft des öffentlichen Rechts für ihre Selbstverwaltungsaufgaben die Kompetenz, selbst Rechtsvorschriften zu erlassen. Grundlage dafür ist das jeweilige Landeshochschulgesetz, das regelmäßig eine Vielzahl an Ermächtigungen für die Hochschulen enthält. Die Rechtsvorschriften binden alle Angehörigen der Hochschule und sonstigen Anstaltsnutzenden, die aufgrund einer (öffentlich-rechtlichen) Zulassung die Dienste des Rechenzentrums in Anspruch nehmen. In einer als Satzung (= Rechtsnorm) erlassenen Benutzungsordnung können grundsätzlich alle Fragen des Nutzungsverhältnisses, insbesondere auch der Ausschluss einzelner Nutzer wegen missbräuchlicher oder rechtswidriger Nutzung, geregelt werden. Allerdings setzt der Erlass der Benutzungsordnung als Satzung die Beachtung der einschlägigen Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften des hierzu ermächtigenden Gesetzes (Landeshochschulgesetze) voraus. So ist in der Regel nur der Senat oder Verwaltungsrat der Hochschule für den Erlass einer Universitätssatzung zuständig. Überdies muss eine Satzung als amtliche Bekanntmachung der Hochschule veröffentlicht werden.
2. Als Verwaltungsnorm
Die Benutzungsordnung kann auch als Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung durch den Leiter des Rechenzentrums erlassen werden. Hierzu muss jedoch eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage in einer höherrangigen, allgemeinen Nutzungsordnung enthalten sein, die ihrerseits als Satzung (= Rechtsnorm) ergehen muss. Nach dieser Ermächtigungsgrundlage richtet sich auch der Inhalt und Umfang einer Ordnung, die vom Leiter des Rechenzentrums als Verwaltungsakt erlassen werden kann. Im Übrigen ergibt sich die Befugnis zur Regelung interner Ablauf- und Organisationsfragen auch aus der Organisations- und Anstaltsgewalt des Leiters des Universitätsrechenzentrums. Allerdings dürfen entsprechende Nutzungsordnungen lediglich interne Ordnungsfragen des „Anstaltsalltags“ enthalten, also z. B. technisch-organisatorische Vorgaben für einen störungsfreien Betrieb des Rechnernetzes. Diese Einschränkung ergibt sich aus der sogenannten Wesentlichkeitstheorie (dazu grundlegend BVerfGE 33, 303 (303 ff). Hiernach müssen hoheitliche Regelungen, die sich auf die Verwirklichung von Grundrechten auswirken oder den Status des Benutzers im sogenannten Grundverhältnis berühren, als Rechtsnormen, d. h. zumindest als Satzungen, ergehen. „Wesentliche“ Eingriffe, wie z. B. die Nichtzulassung eines Studierenden oder der Ausschluss von der Nutzung, können folglich nicht durch eine Benutzungsordnung geregelt werden, die lediglich als Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung durch den Leiter des Rechenzentrums erlassen wird. Solche wesentlichen Eingriffe betreffen nicht nur interne Ordnungsfragen zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Netzbetriebs, sondern sie berühren grundsätzliche Bestandsfragen des Nutzungsverhältnisses. Ist z. B. ein Studierender im Rahmen seines Studiums auf den Informationsaustausch über das Internet angewiesen, kann unter anderem die Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz (GG) betroffen sein. Ähnliches gilt für wissenschaftliche Mitarbeiter im Hinblick auf die Wissenschafts- und Forschungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG.
3. Handlungsempfehlung
Die Benutzungsordnung in Gestalt einer Satzung (= Rechtsnorm) ist somit vorzugswürdig, da aus verfassungsrechtlichen Gründen ohnehin wesentliche Elemente als Rechtsnorm geregelt werden müssen.
Wichtige Einzelaspekte zum Nutzungsverhältnis
Im Folgenden werden einige wichtige Einzelaspekte zum Nutzungsverhältnis übergreifend dargestellt.
1. Zulassung zur Nutzung
Die Zulassung einer natürlichen Person zur Nutzung der Dienste führt zur individuellen Berechtigung zur Nutzung der IuK-Einrichtungen der jeweiligen Einrichtung und damit in der Regel zugleich zum Zugang zum Wissenschaftsnetz. In öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnissen erfolgt die Zulassungsentscheidung durch einen Verwaltungsakt. Die Voraussetzungen ergeben sich zumeist aus der jeweiligen Benutzungsordnung. So sind regelmäßig die Angehörigen (Studierende, Mitarbeitende) der Hochschulen zugangsberechtigt.
Sollte etwa wegen Verstoß die Zulassung entzogen worden sein, kann die Zulassung auch neu beantragt werden. Hierbei ist gegebenenfalls in der Interessenabwägung zu beachten, dass die Nichtzulassung im Einzelfall zu Grundrechtsbeeinträchtigungen führen kann (Art 5 Abs. 3, Art. 12 GG).
2. Privatnutzung der IuK-Dienste
Die Zulassung zur Nutzung in Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen erfolgt in erster Linie zu wissenschaftlichen Zwecken in Forschung, Lehre und Studium, für Zwecke der Bibliothek und der einrichtungsinternen Verwaltung, Aus- und Weiterbildung sowie zur Erfüllung sonstiger Aufgaben der jeweiligen Einrichtung. An vielen Einrichtungen stellt sich die Frage, ob und inwieweit auch eine private Nutzung in geringfügigem Ausmaß durch die Berechtigten zugelassen werden soll. Namentlich geht es darum, ob die Berechtigten über die einrichtungsbezogene Nutzung des Zugangs hinaus private E-Mails versenden oder aus privaten Interessen Seiten im Internet aufrufen dürfen. Für die Einrichtungen stellt sich die Frage, ob hier eine Regelung notwendig ist.
Die Erlaubnis einer geringfügigen Privatnutzung kann dann angenommen werden, wenn eine ausdrückliche Regelung hierzu nicht existiert und sich die private Nutzungsmöglichkeit für die Verantwortlichen erkennbar in der Einrichtung dauerhaft eingebürgert hat. Soll die private Nutzung prinzipiell ausgeschlossen werden, empfiehlt sich von daher eine ausdrückliche und klare Regelung gegenüber den Nutzern der Einrichtungen, dass die private Nutzung nicht erlaubt ist. Auch im Hinblick auf eine mögliche Beschränkung der erlaubten Privatnutzung empfehlen sich ausdrückliche Vorgaben.
Für den gänzlichen Ausschluss der Privatnutzung spricht, dass mit der Privatnutzung Vorgaben des Fernmeldegeheimnisses, also der Vertraulichkeit von Kommunikationsdaten, und des Datenschutzes relevant werden. Zwar überwiegt in der Regel auch bei einer zugelassenen Privatnutzung die einrichtungsbezogene Nutzung der Dienste deutlich. Diese lässt sich allerdings kaum von der privaten Kommunikation trennen, so dass die Einrichtung umfassend die Vorgaben des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes zu beachten hat. Praktisch hat die Einrichtung damit ähnliche Vorgaben bei Erhebung und Verwendung von Daten zu beachten wie ein kommerzieller Provider. Relevant wird dies beispielsweise im Hinblick auf die Einführung von Filterkriterien beim einrichtungsinternen Maildienst.
3. Nutzungsausschluss bei Pflichtverletzung
Eine wichtige Frage, die jede Benutzungsordnung regeln muss, ist der Ausschluss von der Nutzung wegen Verstoßes gegen die Benutzungsordnung. In öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnissen, in denen die Nutzenden durch eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsentscheidung zur Nutzung zugelassen werden, stellt auch der Ausschluss eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsentscheidung dar. Dieser Entscheidung muss durch eine Ermächtigungsgrundlage in der Benutzungsordnung abgedeckt sein, in der die Zuständigkeit und die zum Ausschluss berechtigenden Gründe genannt werden. Gründe können beispielsweise die Nutzung außerhalb der Zweckbestimmung (z. B. kommerzielle Nutzung) oder schwerwiegende Verletzungen gegen die in der Ordnung bestimmten Nutzerpflichten sein (z. B. die Begehung von Straftaten mittels der Dienste).
In Bezug auf das Verfahren ist zu beachten, dass einem eingreifenden Verwaltungsakt regelmäßig eine Anhörung des Beteiligten vorausgehen muss. Dies ergibt sich aus § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und den entsprechenden landesrechtlichen Vorgaben zum Verwaltungsverfahren. In der Abwägung sind auch hier wie bei der Zulassungsentscheidung mögliche Folgen für die Grundrechtsausübung insbesondere Studierender (Art. 12 GG) und wissenschaftlicher Mitarbeiter (Art. 5 Abs. 3 GG) zu beachten. So ist es beispielsweise kaum vorstellbar, dass ein Studierender, der für sein Studium auf den Netzzugang angewiesen ist, wegen eines nur unerheblichen Verstoßes gegen die Benutzungsordnung gänzlich von der Nutzung ausgeschlossen werden kann. Abgesehen davon ist außer in Fällen sehr schwerwiegender Verstöße aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten, die nutzende Person auf ihre Pflichtverletzung hinzuweisen, sodass diese die Gelegenheit hat, sie abzustellen. Aus den gleichen Gründen sollte zudem immer die Möglichkeit eines nur teilweisen Ausschlusses bezogen auf einzelne Netzdienste geprüft werden.